Mittwoch, 1. Oktober 2008

Roboter

Karina hat einem ihrer Enkel versprochen, achtzig Kilo Zement für den Hausbau mitzubringen. Im Baumarkt steht sie nun vor einer Palette mit 40 Kilo Säcken. Sie schaut auf den Preis und überlegt sich, ob sie nicht lieber gleich 90 kg mitbringen soll, denn durch das aktuelle Sonderangebot bekommt sie 10 Kilo gratis obendrauf. Nach kurzem Überlegen gibt sie sich einen Ruck, greift sich zwei der großen und einen der kleinen Zementsäcke. Ohne Probleme stemmt die zierliche Frau diese Last, die fast genau doppelt so schwer ist wie sie selbst und trägt sie zum zehn Meter entfernten Einkaufswagen.
An der Kasse mustert der Verkäufer kurz die Achtzigjährige und meint dann mit einem Lächeln "Sie brauchen keine Hilfe beim Tragen, was?"
Karina nickt kurz und wuchtet den Zement auf das Laufband. Nicht ein einziger Schweißtropfen hat sich während dieser Höchstleitung auf ihrer Stirn gebildet.
Karina trägt ein sogenanntes Exoskelett.
Dieses künstliche Skelett, nimmt mit Sensoren die Muskelimpulse an ihren Nervenbahnen auf und überträgt sie auf Elektromotoren, die es ihr ermöglichen schwere Lasten ohne eigene Kraftanstrengung zu bewältigen.

Zukunftsmusik?

Nein.
Solche Exoskelette sind bereits in der Entwicklung und einige Prototypen wurden schon gebaut.
Prototypen wie zum Beispiel, das Exoskelett Hybrid Assistive Limb 5 (HAL 5) der japanischen Firma Cyberdyne das bereits für ein spektakuläres Experiment benutzt wurde.
Der Traum eines Querschnittsgelähmten Japaners war es, einmal Bergsteigen zu gehen. Sein Compagnon und HAL 5 ermöglichten ihm dies. Stundenlang trug dieser, unterstützt von dem Anzug den Querschnittsgelähmten Freund bis zum Gipfel.
Bald soll HAL auf den Markt kommen und dort vor allem Arbeiten erleichtern, bei denen schwere Lasten gehoben werden, etwa auf dem Bau oder in Pflegeheimen, wo Patienten oft umgebettet werden müssen.

Wie man sieht, könnte allein diese Technik unser Leben in den nächsten Jahrzehnten dramatisch verändern. Die Robotik hat unser Leben sogar bereits verändert.
Die Entwicklung begann bereits in den Sechzigerjahren als die ersten Industrieroboter zum Einsatz kamen. Die Geschwindigkeit und Effizienz der Produktionsstraßen, etwa in der Automobilindustrie erfuhr mit einem Schlag eine schier unglaubliche Steigerung. Gesundheitsgefährliche Arbeiten, wie zum Beispiel Lackierarbeiten wurden jetzt von Robotern schneller und präziser ausgeführt.
Heute sind Roboter in fast allen Industriezweigen nicht mehr wegzudenken. Sie trugen dazu bei, dass Autos zum Massengut wurde und dass viele Produkte für den Normalverbraucher erst erschwinglich wurden.
Sie trugen allerdings auch dazu bei, dass viele Arbeiter unnötig wurden. Der Roboter trat zum ersten mal in Konkurrenz zum Menschen und entschied das Rennen für sich, weil er schneller und besser arbeiten konnte und man ihn zudem auch nicht krankenversichern musste.

Auf anderen Gebieten ist der Wettkampf dagegen noch lange nicht entschieden. Auf dem Gebiet des Sports sehen die künstlichen Kameraden gegen menschliche Sportler noch ziemlich alt aus.
Unbeholfen bewegen sich die mechanischen Kollegen über das Spielfeld und versuchen immer wieder mit wilden Kamerabewegungen den Ball zu finden. Ihre Ballschüsse scheinen noch ziemlich oft vom Zufall abzuhängen.
Die Erbauer der Robotersportler wollen in wenigen Jahrzehnten gegen menschliche Profifußballer antreten und- sie besiegen. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.
Solange treten die Roboter noch brav gegeneinander an und sorgen dabei mit drollig wirkenden Bewegungen teilweise für Lacher.

Ein großes Gebiet der Robotertechnik befasst sich mit der militärischen Nutzung von Robotern.
Die Forschung ist dabei viel weiter als man denkt. 2004 fand in der kalifornischen Mohave-Wüste die erste DARPA Grand Challenge statt. Die Forschungsabteilung des amerikanischen Verteidigungsministeriums lobte eine Million Dollar Preisgeld aus für das Fahrzeug, das, komplett Computergesteuert und autonom, einen 150 Meilen ( ca. 241 km) langen Kurs innerhalb von höchstens zehn Stunden absolvieren konnte.
Das erfolgreichste Fahrzeug schaffte dabei gerade einmal 7, 4 Meilen. Das Rennen war ein Reinfall.
Bereits 2005 fand das nächste Rennen statt. Dieses Jahr hatten die Entwickler genutzt. Das Team der Stanford University schaffte den vorgegebenen Kurs innerhalb von 6 Stunden 53 Minuten und 58 Sekunden.
Ziel dieser Rennen ist es , ein autonomes Fahrzeug zu bauen, dass problemlos durch Gefahrengebiete fahren kann ohne Menschenleben zu gefährden. Die Nachschubwege im Kriegsgebiet wären dadurch auch automatisierter und schneller.
Im Irak wären solche Fahrzeuge sehr hilfreich. Dort werden amerikanische Armeefahrzeuge immer wieder das Ziel von Bombenanschlägen. Die DARPA Urban Challenge 2007 hat bewiesen, dass autonome Fahrzeuge auch in Städten einsetzbar wären.
Roboter gehören deshalb wahrscheinlich bald zum normalen Bild in den Streitkräften der Supermächte.
Ein anderes Transportsystem wurde ebenfalls im Auftrag der DARPA entwickelt. Es ist dafür gedacht in einer unwegsamen Umgebung Ausrüstung zu transportieren. Räder helfen da nicht viel weiter. Deshalb hat der, BigDog genannte, Roboter der Firma BostonDynamics vier Beine.
Wie ein Lastesel kann er Spezialeinheiten unterstützen indem er ihnen viel Traglast abnimmt.
Das Video zeigt, wie weit die Entwicklung schon fortgeschritten ist. Der Roboter kann selbst auf Eis die Balance halten und kommt selbst mit schwierigstem Gelände zurecht.



Die Robotik beim Militär ist jedoch längst keine Zukunftsmusik mehr. Längst kommen Roboter bei modernen Armeen regelmäßig zum Zug. In Afghanistan und im Irak starten regelmäßig Aufklärungsdrohnen, die gefährliche Gebiete erkunden und, wie im Fall des Aufklärungsflugzeuges "Global Hawk" sind sie oftmals vom Start bis zur Landung völlig autonom.

Die ersten Vorläufer der echten Kampfroboter gab es dagegen schon im 2.Weltkrieg.
Die deutsche Wehrmacht setzte bereits 1942 kleine ferngesteuerte Panzer ein, die eine Sprengladung transportieren und im Ziel ferngezündet werden konnten. Das Bild zeigt einige dieser ersten Kampfroboter, die bei der Landung in der Normandie sichergestellt wurden. Der Einsatz der sogenannten "Goliath"-Panzer war nach Berichten erfolgreich, die Handhabung jedoch sehr kompliziert.
Auch andere, viel raffiniertere Robotersysteme sind bereits im Einsatz. Die Südkoreanische Armee verwendet vollständig autonome Kampfroboter im Irak zur Bewachung der eigenen Basen.
Der stationäre Samsung SGR-A1 kann mithilfe einer Software Menschen von Gegenständen unterscheiden und sie mit seiner Kamera über eine Distanz von bis zu 4 km verfolgen. Kommt ein Mensch dieser Maschine zu nahe, identifiziert die Software ihn als Bedrohung und warnt den Näherkommenden. Reagiert dieser nicht auf die Warnung, wird scharf geschossen. Mit tödlicher Treffsicherheit. Die Primärbewaffnung ist dabei ein Daewoo K3 Sturmgewehr, das bis zu 1000 Schuss in der Minute abfeuern kann. Dieses Gewehr kann der Roboter selbstverständlich auch selber nachladen. Als sekundärbewaffnung sind Raketenwerfer optional. Damit kann der Roboter dann selbst Fahrzeuge und Flugzeuge stoppen. Südkorea will die Grenze zu Nordkorea mit solchen Robotern bestücken. Bei einem Stückpreis von 200 000 US-$ ist das jedoch sehr umstritten.

Mit dem Begriff Kampfroboter lässt sich auch der Tomahawk Marschflugkörper der US-Army beschreiben. Der Tactical Tomahawk kann feindliche Ziele selbständig identifizieren und ausschalten. Selbstverständlich war auch diese Waffe bereits im Einsatz. Sie übernimmt inzwischen immer mehr die Aufgaben von bemannten Bombern, ohne eigene Soldaten zu gefährden.

Spezialeinheiten im Irak verlassen sich immer mehr auf soche Roboter. Sie werden unter anderem, zur Aufklärung (als Mini-Helikopter), zur Räumung von Minen (als kleiner ferngesteuertes Kettenfahrzeug) und auch zum Kampf eingesetzt (SWORDS-Roboter oder Predator-Drohne)


Zum Glück gibt es noch viele andere Bereiche, in denen die Robotertechnik zum Einsatz kommt. Der krasse Gegensatz zum Kampfroboter ist der medizinische Roboter. Dieser rettet Leben anstatt sie auszulöschen. Medizinische Roboter werden, inzwischen auch in Deutschland, für komplizierte Herzoperationen eingesetzt.
Die minimalinvasive Chirurgie kann dadurch riesige Fortschritte machen. Bisher muss man Patienten, die am offenen Herz operiert werden, den kompletten Brustkorb öffnen.
Um ans Herz zu kommen wird das Sternum durchtrennt und die Rippen mit einer Art Zange aufgespreizt. Dies führt unvermeidlich zu Rippenstauchungen und Schmerzen im Brustkorb. Ein dünner Roboterarm kann mit seinen vielen Gelenken dagegen das Herz ohne solche Brachialmethoden erreichen.
Für die Zukunft ist geplant, solche Roboter in abgelegenen Regionen und Dritte-Welt-Ländern einzusetzen. So können sich Menschen mittels Datenleitung einer lebenrettenden Operation unterziehen, für die es in ihrem Land eigentlich nicht genügend Fachkompetenz gibt. Der operierende Arzt kann dabei am anderen Ende der Welt sitzen und die Operation ferngesteuert durchführen. Einsetzbar wären die Roboter auch auf Schiffen oder Raumstationen, wo Hilfe sonst Wochen entfernt ist.

Ein weiteres Feld der Medizinrobotik ist auch das der Diagnostik. Auch hier gibt es vielversprechende Ansätze. Bereits jetzt sind Geräte erhältlich, die die Ferndiagnose erleichtern. Auf dem Markt ist zum Beispiel ein Blutdruckmesser, der bei Notfällen eine SMS an einen Arzt schickt. In der SMS sind gleich die wichtigsten medizinischen Daten, wie Blutdruck und Herzfrequenz enthalten. Zusätzlich sendet das Gerät auch de Aufenthaltsort des Patienten.

Bald tauchen Roboter auch in die tiefen der menschlichen Psyche ein. Derzeit befindet sich ein Computerprogramm in der Testphase, das die Diagnostik bei psychisch Kranken übernehmen kann. Es kann Psychosen, Depressionen und sonstige geistige Krankheiten erkennen.
Therapeutische Maßnahmen sind kann das Programm allerdings noch nicht ergreifen. Aber das erscheint auch nicht wirklich erstrebenswert.

Was die Zukunft genau bringt, wissen wir noch nicht genau, aber Roboter werden darin eine viel entscheidendere Rolle spielen, als wir es uns heute ausmalen können. Darüber, wie erstrebenswert das ist, sollten wir deshalb bereits jetzt darüber nachdenken. Ob wir mal in ein Krankenhaus kommen wollen, in dem es keine Menschen mehr gibt, sondern nur noch sehr fürsorgliche und freundliche Wesen, die dann doch nur Automaten sind...