Sonntag, 13. Juli 2008

High Noon

Zur Mittagsstunde in irgendeinem amerikanischen Städtchen um die Jahrhundertwende.
Es ist heiß und die Luft flimmert. Die Straßen sind wie leergefegt.
Auf einmal bemerkt man in der Ferne eine kleine Staubwolke. Hundebellen irgendwo.
Jemand öffnet die Flügeltüren des örtlichen Saloons und stellt sich breitbeinig mitten auf die leere Hauptstraße. Es ist ein Mann von mittlerer Statur. Sein Gesicht liegt im Schatten des großen Cowboyhutes den er trägt. Typisch für den Wilden Westen hat er sich einen Pistolengürtel umgeschnallt. Im Halfter steckt ein silbern glänzender Smith & Wesson .38 er Double Action Revolver.
Die Staubwolke ist inzwischen näher gekommen und entpuppt sich als ein weiterer Revolverheld auf einem Pferd.
Etwa 30 Schritte vor dem stehenden Mann steigt er ab und geht langsam auf seinen Kontrahenten zu.

"Hast du alter Dreckskerl dich also wirklich noch einmal hergetraut!" spricht der eine Mann und spuckt in weitem Bogen einen Klumpen Kautabak aus.

"McIrvin, hier in Bordertown gibt es nur Platz für einen von uns!"

"Also dann..."

Die beiden fixieren sich...

nervös zuckt die rechte Hand kurz über dem Revolvergriff...

Die Hitze wird schier unerträglich. Zwischen den beiden weht ein Büschel Tumbleweed hindurch...


Wie man sieht trägt das Tumbleweed (Salsola tragus), auf deutsch auch Steppenläufer genannt, sehr zu Atmosphäre von vielen Westernfilmen bei. Besonders beim Showdown zwischen dem Helden und dem Schurken wird es oft vom Regisseur eingesetzt um die Spannung zu erhöhen.
Tatsächlich ist der Steppenläufer in der nordamerikanischen Steppe sehr verbreitet.
Aber auch wenn man ihn heute ausschließlich mit dem Wilden Westen assoziiert, so bleibt er doch eine Fremdlingspflanze.
Die Russen sind schuld. Ursprünglich wuchs diese Steppenpflanze nämlich ausschließlich in der russischen Steppe. Erst um 1877 wurde sie von russischen Einwanderern in South Dakota eingeschleppt. Die Verbreitung der Pflanze kam einer Invasion gleich.
Der Steppenbusch verbreitet seine Samen indem er sich im Herbst von seinen Wurzeln trennt und sich vom Wind umherblasen lässt. In der naturbelassenen Prärie hätte der Steppenläufer mit dem hohen Gras schon eine Verbreitungsbarriere gefunden und wäre hängengeblieben. Diese Grasflächen wurden nun jedoch von der Landwirtschaft in Anspruch genommen. Die Barriere war also weg.

Schnell sorgte das Tumbleweed für Probleme: Die Harten Blätter des getrockneten Steppenbusches verletzten die Hufe von Pferden und wenn sie erst einmal Feuer gefangen hatten, entwickelten sie sich zu rollenden Fackeln die viele Häuser in Brand stecken konnten.

Der Steppenläufer wurde ebenso in Australien eingeschleppt. Eine beispiellose Erfolgsgeschichte.

Erfolgreich waren auch die meisten Western in denen das Kraut seine filmische Verewigung gefunden hat.
Und es trug wahrhaftig einiges zur Stimmung bei wie sonst ist es sich zu erklären, dass das Tumbleweed auch schon in genrefremden Filmen zitiert wurde.

Eine wahre Invasion. Aber eine stimmungsvolle.

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