Montag, 11. August 2008

kommunistische Spatzen

In keinem anderen Land der Welt lassen sich so viele Menschen durch politische Propaganda gegen eine Sache aufwiegeln wie in China.
Aktuell hat man das an den Anti-Free-Tibet-Demonstrationen in diversen chinesischen Städten sehen können. Auch die französiche Einzelhandelskette Carrefour hatte nach politischen Schwierikeiten zwischen Frankreich und der Volksrepublik mit Umsatzeinbußen und massiven Protesten zu kämpfen.
Im modernen China sind die Organistatoren der Demonstrationen jedoch nicht mehr so einfach auszumachen. Es ist meist klar, dass Massendemonstrationen in diesem, was das Demonstrationsrecht angeht, sehr restriktivem Land nicht ohne die Unterstützung der KPCh stattfinden können. Die Strippenzieher sind jedoch nicht mehr so einfach auszumachen, zumal die Position der offiziellen Regierung oft auch eine Andere ist.

Mao selbst ist bei seiner Volksaufwiegelung dagegen noch grober vorgegangen. Damals waren auch die Ziele noch andere. Die große proletarische Kulturrevolution, die zwischen 1966 und 1976 von Mao Zedong angefacht wurde und vermutlich Millionen von Menschen das Leben kostete, war ein reiner Machtkampf um die Vorherrschaft in der Kommunistischen Partei.

Genauso verhielt es sich mit der "Ausrichtungskampagne" (chin. Zhenfeng) die Mao Zedong 1942 ausrief. Während dieser kommunistischen Kampagne wurden in jeder Kommune Komissionen gebildet in denen jeder eine sogenannte "sozialistische Selbstkritik" vortragen musste. Bei den allerkleinsen Widersprüchen in der Biographie des Beschuldigten wurde er zum Verräter der Revolution erklärt. Durch diese Kleinlichkeit der Ideologie gab es am Ende der Aktion einige Kommissionen von denen selbst 90% der Mitglieder zu Verrätern der Revolution erklärt wurden.

Eine andere Aktion allerdings verdient den Titel "Mit Kanonen auf Spatzen schießen".
Mitte der sechzier Jahre rechnete irgendjemand aus, wie viele Reiskörner ein durchschnittlicher chinesischer Spatz im Jahr vertilgt und wie viel Mehrertrag man ohne diese kleinen Vögel hätte.
Als dann jemand herausfand, dass Spatzen sich immer nur auf "ihren" Baum niederließen, erkannte man die Chance die Nahrungsmittelknappheit in der Volksrepublik mit einem Schlag zu beseitigen.
Massen an Menschen wurden gegen diesen neuen "Feind der Revolution" mobilisiert. Millionen Chinesen versammelten sich unter den Spatzenbäumen und machten mit Töpfen und sonstigem Gerät solch einen Lärm, dass die Spatzen nicht mehr auf ihren Bäumen landen konnten. Nach einigen Minuten waren die Spatzen so ermüdet, dass sie einfach vom Himmel fielen. Nachdem man auf diese Weise fast alle Spatzen beseitigt hatte, tat sich jedoch ein neues Problem auf: Spatzen vertilgen nämlich nicht nur Reiskörner, sondern ernähren sich hauptsächlich von Insekten.
Die auf die Spatzenjagd folgende Insektenplage führte zu so großen Ernteausfällen, dass Spatzen aus der Sowjetunion importiert werden mussten.

Die heutigen chinesischen Spatzen sind also nicht wirklich chinesische Spatzen, sondern die Nachkommen der sowjetischen Spatzen. Für die Regierung in Peking ist das aber wohl kein Problem. Schließlich sind es doch kommunistische Spatzen...

Keine Kommentare: